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dreißig

- ein kleines bisschen Heimat -

Ich konnte es noch immer nicht glauben. Ich war auf mich allein gestellt. Wie eigentlich schon mein halbes Leben lang. Aber wenn man sich erst mal an etwas gewöhnt hatte, dann war es unglaublich schwer, wieder loszulassen
Ich klang schon fast wie in einem von Davis Science Fiction Filmen, in denen die Protagonisten allein in irgendeiner Welt gefangen waren. Vielleicht war ich das auch - gefangen. Nur, dass meine Welt diese schreckliche Klinik war.

Ich lief zum Fenster und zog die Vorhänge auf. Ebenfalls eine neue Gewohnheit von mir. Aber sie war schön. Sie erinnerte mich an Davis, jeden neuen Morgen.
Es war nicht so, dass ich ihn seit seinem letzten MRT Termin vor fast vier Wochen nicht mehr gesehen hatte - im Gegenteil. Er hatte sein Versprechen gehalten. Fast jeden Abend hatte er mich besucht. Auch, wenn die Klinik fast eine Stunde mit dem Auto von seinem Haus entfernt lag. Ich war mir sicher, dass er die Zeit, von seiner Familie fliehen zu können, jedes mal genoss. Denn er schenkte mir jeden Abend strenge Blicke, wenn ich auch nur Andeutung machte, ein Familienmitglied zu erwähnen - abgesehen von Ruby natürlich. Seit kurzem hatte die Schule wieder begonnen. Cara hatte mich am Abend vorher völlig panisch angerufen, da sie so eine Angst bekam, in ihrem Abschlussjahr zu versagen. So war sie schon immer gewesen. Ich erinnerte mich noch ganz genau an den Tag vor unserer Einschulung. Für ein sechs Jähriges Mädchen war sie viel zu ruhig und still. Mason und ich hatten uns so sehr auf die Schule gefreut. Cara jedoch war so aufgeregt gewesen, dass sie nicht mal ihr lieblings Eis essen wollte.
Letztendlich war es nicht annähernd so schlimm, wie es sich die jüngere und ältere Cara ausgemalt hatten und beide starteten gut in ihren ersten Schultag als Schulkind und als Senior.
Davis, den die Schule im Gegensatz zu Cara zwar wenig interessierte, wurde jedoch von seinem Dad so sehr gehetzt, dass er es nach der Schule nicht mehr schaffte zu mir zu fahren, sondern abends viel zu übermüdet einen Skype Anruf startete. Ich sah, wie schwach und erschöpft er war. Aber er versicherte mir, dass das allein von dem Antibiotika kam, welches er - so schwor er hoch und heilig - auf die Minute genau zu sich nahm.

Heute war Samstag, seit einer Woche hatte ich weder Davis noch Cara oder Mason gesehen. Sie waren alle zusammen im selben Mathe und Spanisch Kurs, wie mir Cara am ersten Abend berichtet hatte und würden in den kommenden Tagen gleich ordentlich viele Klausuren schreiben. Darum war ich bereits darauf vorbereitet, dass Davis mir auch für dieses Wochenende absagen würde. Auch, wenn sein Vater so gut wie nie zu Hause war, war es ihm unmöglich mal eben für ein paar Stunden zu verschwinden. Natürlich war das nicht einfach - für keinen von uns. Aber wir hatten mittlerweile verstanden, dass wir nichts dagegen tun konnten.

So stand ich nun völlig allein am Fenster und sah in Gedanken dabei zu, wie der Wind die Bäume zum schwanken brachte. Es war kalt geworden dafür, dass gerade erst September war. Kalt und still. Die Tür wurde geöffnet. Dr.Cartney und Maddison. Das wusste ich auch, ohne mich umzudrehen. Ich hatte das Gefühl, Dr.Cartney besuchte mich öfter, als sonst. Vermutlich hatte sie Angst, ich könnte in alte Muster zurück verfallen, jetzt wo Davis nicht mehr hier lebte.
Es war ja schön, wie sie sich um mich sorgte, doch so langsam wurde das ganze echt auffällig. Vor ein paar Tagen hatte sie Maddison angeschleppt. Eine junge blonde Praktikantin, nur ein paar Jahre älter als ich. Sie studierte Medizin im letzten Semester und wollte ebenso in einer, auf Krebs spezialisierten, Klinik arbeiten. Ja, das wusste ich, nach einem fast zweistündigen Gespräch darüber. Dr.Cartney hatte behauptet, ich sollte ihr einen Einblick in die Klinik verschaffen, da ich mich besser, als kein anderer hier auskannte. Ich hatte nur freundlich genickt und innerlich mit den Augen gerollt. Sie hoffte, dass ich in Maddison so etwas wie einen Gesprächspartner finden könnte. Dr.Cartney war wirklich eine gute Ärztin, aber von Psychologie verstand sie nicht besonders viel. Denn die liebe Praktikantin schien viel lieber von sich zu erzählen, als mir Fragen zu stellen. Sie erzählte mir von ihrer Kindheit, von der High School bis hin zum College. Auch von ihrem Ex Freund Bruce, in dem sie die große Liebe gesehen hatte. Und ich war mir sicher, dass das nicht gerade zu den Aufgaben einer Praktikantin gehörte.

Doch heute scheinen sie nicht zum Plaudern gekommen zu sein. ,,Loucy, heute darf ich dir dein Blut abnehmen", verkündete Maddison so stolz, als wäre sie gerade befördert worden. Ich entgegnete nur ein gewohnheitsgemäßes Lächeln und setzte mich im Schneidersitz auf mein Bett. Während Maddison meine Armbeuge desinfizierte, begann sie mal wieder zu plaudern. Zu erst hatte ich vor, abzuschalten, bis ich bemerkte, dass sie ausnahmsweise nicht mich, sondern Dr.Cartney ansprach.

,,Sie haben doch eben erzählt, dass Sie heute Nachmittag nach Cherry Creek müssen", begann sie. Ihre Stimmlage klang ruhiger als sonst. Nicht so aufdringlich und überfreundlich, wie sonst. Sie klang tatsächlich ziemlich sympatisch. Ich hingegen sah auf, überrascht den Namen meiner Nachbarstadt zu hören.
,,Ja, zu dem Geburtstag meiner Schwester, wieso fragst du?", meinte Dr.Cartney, während sie die Nadel, die in diesem Moment in meine Haut stach, nicht aus den Augen ließ. Als könnte man beim Blutabnehmen so viel falsch machen. Aber so war sie nun mal. Sie und ihr Perfektionismus.

,,Könnten Sie mich vielleicht ein kleines Stück mitnehmen, nach Sacramento. Ich meine das liegt ja wirklich auf dem Weg. Mein Auto ist in der Werkstatt und ich muss noch ein paar wichtige Dinge vom College holen", sprach Maddison weiter und zog die Nadel nach mehren Sekunden wieder heraus. Ich spürte dieses ständige Blutabnehmen kaum noch. Am Anfang hatte ich diese Nadeln gehasst. Mittlerweile gehörte das zu meinem Alltag, auch wenn ich nach wie vor nicht hinsah.

Dr.Cartney zuckte mit den Schultern und reichte Maddison ein Pflaster. ,,Meinetwegen. Ich muss aber pünktlich um 18 Uhr dort sein", betonte sie. Ich wusste gar nicht, dass sie eine Schwester hatte und schon gar nicht eine, die so nah an meinem zu Hause lebte. Und an Davis'. ,,Ohh, super! Vielen Dank, das ist wirklich unglaublich freundlich von Ihnen", rief Maddison, ihre Stimme klang wieder fröhlich und energisch, fast schon anstrengend. Kurz dachte ich nach, traute mich nicht zu fragen, ob sie vielleicht noch einen Platz in ihrem Auto frei hätte. Vermutlich würde sie mich eh nicht gehen lassen. Wobei andererseits, es war Samstag. Am Wochenende durften wir sogar während einer Therapie nach Hause.

,,Ähmm...", machte ich also, noch zögerlich. ,,Meinst du, es wäre in Ordnung, wenn du mich eventuell auch mitnehmen könntest", fragte ich vorsichtig und sah in ihre tiefen Augen. Sie schien überrascht zu sein. Wahrscheinlich hatte sie das noch nie eine Patientin gefragt. Aber mal ehrlich, wir kannten uns seit sieben Jahren, da konnte sie mir doch einen kleinen Gefallen tun.

,,Mmh, kommt drauf an. Wo willst du denn hin?", sie schien noch immer verwundert zu sein. ,,Nach Silver Lake. Das sind gerade mal fünf Minuten von Cherry Creek aus", versuchte ich es weiter, krempelte meinen Ärmel nach unten und setzte mich aufrecht hin.

,,Was willst du denn dort? Es ist doch keiner zu Hause. Und deine Mutter hat keinen Schlüssel da gelassen." Ich schüttelte schnell den Kopf. ,,Nicht nach Hause. Ich will Davis besuchen." Jetzt war sie wirklich überrascht.

,,Bitte, er wohnt nicht weit weg. Und wie du weißt habe ich weder einen Führerschein, noch irgendeine Möglichkeit zum Bahnhof zu kommen." Dr.Cartney war dabei die Utensilien einzuräumen und sah mich dabei nachdenklich an. Ich verstand nicht, warum sie sich um alles immer so viele Gedanken machte. Auch, wenn sie meine Ärztin war. Als diese nahm weder ich noch sie sich selbst war, wenn sie mich behandelte. Kurz blieb sie still, dann seufzte sie tief.

,,Gut, aber merkt euch das beide: ich bin kein Taxiunternehmen." Sie schüttelte grinsend den Kopf. ,,Danke", reif ich und erkannte plötzlich noch einen Hoffnungsschimmer für den einsamen Abend.

,,Wir fahren um 16:54 los. Keine Minute später. Wenn ich das erste Stück von Elizabeths Apfelkuchen verpasse, dann war das das aller letzte mal", meinte sie mit erhobenem Zeigefinger und nahm mich, bevor sie und ihr Schoßhündchen Maddison das Zimmer verließen, noch einmal direkt ins Visier. ,,Und Loucy", ergänzte sie. ,,Du meldest dich selbständig an der Rezeption ab. Ich trage keine Verantwortung."

Ich rollte mit den Augen. ,,Du weißt, dass du die Einzige bist, die das kontrolliert", rief ich ihr hinterher. Ein ,,Ich bestehe darauf", ertönte noch, bevor sie die Tür hinter sich zu zog. Ich hatte ein Lächeln auf den Lippen. Voller Vorfreude und Aufregung. Ich würde nach Hause zurückkehren. Ich würde Ruby kennen lernen und Davis wieder sehen. Viel zu lange schon saß ich hier fest. Mum hatte immer gesagt, dass die lange Autofahrt viel zu anstrengend für mich wäre. Und da ihr Büro in Sacramento eh auf dem Weg lag, kam ich nicht ein mal an Weihnachten oder meinem Geburtstag nach Hause. Meistens vermutlich weil diese Termine mitten in eine von den tausend Therapien vielen. Aber jetzt hatte ich Zeit. Mir ging es gut, meine Blutwerte schienen in Ordnung zu sein und meine Mum war tausende Meilen von hier entfernt.
Mit funkelnden Augen sah ich auf die Bilderwand. Die Vorfreude wurde immer größer und ich konnte dieses Lächeln auf meinen Lippen einfach nicht verschwinden lassen.

Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht, wie es ist, nach Hause zurückzukehren. Anders als damals. Als es vor einigen Jahren zum ersten mal hieß: ,,Ihre Blutwerte werden besser", habe ich Stunden damit verbracht, mich auf mein neues altes Leben vorzubereiten. Ich habe Cara und Mason ausgefragt, stundenlang. Habe allen möglichen Stoff mit meiner Privatlehrerin wiederholt, bei der ich bis zu dem Zeitpunkt noch regelmäßig Unterricht hatte. Ich weiß noch genau, wie sie mir versprach, ich sei bestens auf die Schule vorberietet. In den ersten Wochen, eigentlich schon Monaten verstand ich jedoch so gut wie gar nichts im Unterricht. Ich habe von Tag eins an bemerkt, dass ich nicht in diese Welt hinein passe. Als mein Krebs zurückkam, wurden meine Unterrichtsstunden weniger. Man hatte jegliche Chancen aufgegeben, dass ich jemals wieder zur Schule gehen könnte, geschweige denn am Berufsalltag teilnehmen könnte. Fast kann ich sagen, dass sie auf meinen Tod gewartet haben.
Ich glaube, dass niemand einen wirklichen Plan für mich hat. Ich nehme seit Jahren nicht an dem normalen Leben teil, bin wie von der Zivilisation abgeschottet.
Aber zurück zum eigentlichen Thema, Silver Lake. Ich erinnere mich noch genau, wie es war, als Mum meine Tasche aus dem Auto holte. Ich vor unserer kleinen Wohnung in der Straße stehend. Dieses Gefühl war unbeschreiblich. Da habe ich gedacht, ich könnte mich eines Tages daran gewöhnen, wieder zu Hause zu sein. Fazit: das habe ich nicht. Innerhalb eines Jahres war das auch schlecht möglich. Jetzt würde ich nicht zu unserer Wohnung fahren. Dennoch wird es ein kleines bisschen Heimat für mich sein. Egal, wie lange ich nicht mehr dort war. Die schmalen, huckeligen Straßen von Silver Lake werde ich wohl niemals vergessen.

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