10.4. Die Belagerung/Stadtverteidigung
In Kriegen gibt es nicht nur Schlachten, sondern auch eine ganze Menge an Belagerungen. Schlachten bringen ein ziemlich großes Risiko mit sich, und zwar für beide Seiten, denn natürlich werden auf beiden Seiten eine Vielzahl an Soldaten sterben. Bei Belagerungen hingegen sind es die Angreifer, die sich einem hohen Risiko aussetzen müssen, während die Verteidiger in ihrer Stadt sitzen und nicht soooo viel zu befürchten haben.
Damit eine Stadt einer Belagerung standhält, müssen mehrere Gegebenheiten erfüllt sein:
1. Es gibt eine ausreichend befestigte Stadtmauer, die von den Angreifern nicht oder nur sehr schwer überwunden werden kann.
2. Die Stadt hat genug Nahrungsvorräte für ihre Bevölkerung, und zwar über einen Zeitraum von mehreren Monaten. Es ist auch gut, wenn die Stadt innerhalb ihrer Stadtmauern selber Nahrung produzieren kann.
3. Die Stadt hat Zugriff auf Frischwasser. Sei es ein Fluss, der durch die Stadt fließt, oder einfach mehrere große Brunnen. Das Wasser ist nicht nur zum Trinken da, sondern auch zum Löschen von Bränden, wenn zum Beispiel mit Brandpfeilen geschossen wird (oder einfach irgendwo eine Kerze umgekippt ist).
4. Die Stadt hat genug Waffen, um die Angreifer im Notfall (zum Beispiel, wenn einige von ihnen versuchen, die Mauern hochzuklettern) zurückzuschlagen.
5. Es kursiert keine ansteckende Krankheit in der Stadt. Sonst ist die gesamte Bevölkerung tot, bevor genug Ärzte ausgebildet sind, um alle zu versorgen, und selbst dann gäbe es noch Engpässe bei den Medikamenten.
6. Die Verteidiger sind sich sicher, dass die Nahrungsvorräte ihrer Angreifer vor ihren eigenen aufgebraucht sind oder dass sie Hilfe von einem befreundeten Heer bekommen, das die Angreifer letztendlich vertreibt.
Denkt daran, dass es bei einer Belagerung mehr oder weniger darum geht, die Leute in der Stadt auszuhungern, sodass sie dazu gezwungen sind, zu kapitulieren und die Tore zu öffnen. Nichts kommt in die Stadt rein und nichts kommt aus der Stadt raus. Sie ist vollständig von der Außenwelt abgeschnitten. Selbst Brieftauben oder Ähnliches kommt nicht durch, weil sie meistens einfach abgeschossen werden. Eine Belagerung ist also eine Art stumme, lange andauernde Schlacht.
Die Aufgabe der Belagerer ist es vor allem, Druck auf die Stadtbewohner zu machen. Es ist also nicht unüblich, dass ab und zu Angriffe auf die Stadtmauer ausgeführt werden, obwohl man weiß, dass man höchstwahrscheinlich nicht weit kommt.
Manchmal kommt eine Belagerung auch nach einer Schlacht zustande. Der Verlierer zieht sich dann in seine Stadt zurück, die anschließend belagert wird.
Allgemein gesagt lohnt die Belagerung einer Stadt sich nur, wenn diese Stadt irgendeine wichtige Funktion für den Gegner hat. Es kann zum Beispiel die zentrale Handelsstadt sein. In diesem Fall wird sie einen ganzen Haufen an Geld beherbergen, der natürlich immer gut ist. Oder sie steht an einem strategisch wichtigen Punkt wie an einem Gebirgspass, durch den die Armee durchmarschieren muss. Eine Hafenstadt ist ebenfalls wichtig, denn Schiffe sind viel schneller als Pferde und können mehr Sachen transportieren. Bei der Eroberung einer Hafenstadt kann man seine Armee also auf einmal mit viel mehr Waffen und Soldaten versorgen. Städte, in denen sich wichtige Personen wie Fürsten, Grafen oder sogar der König verschanzt haben, sind selbstverständlich auch wichtig. Wenn man solche Städte erobert, hat man gute Geiseln, um den Feind zu etwas zu zwingen.
In den meisten Fällen wird eine Belagerung kampflos beendet. Entweder die Angreifer geben auf und ziehen einfach weiter oder die Verteidiger geben auf und öffnen die Tore. Damit kapitulieren sie und die Stadt gehört den Angreifern. Manchmal möchten die Verteidiger aber nicht kampflos aufgeben und öffnen die Tore absichtlich, um den Feind hinein zu lassen und ihn dann in der Stadt zu bekämpfen, wo sie klar im Vorteil sind. Schließlich hatten sie viel Zeit, um sich darauf vorzubereiten. Damit sind wir bei der Stadtverteidigung angekommen.
Stadtverteidigungen sind, wie ich finde, um einiges interessanter als Belagerungen, weil da auch mal was PASSIERT und es zudem nicht nur ums stumpfe Zusammenschlagen von Leuten geht, sondern darum, welche Tricks sich die Stadtbewohner ausgedacht haben. Mit Stadtbewohnern meine ich nicht nur die »normalen« Leute wie Metzger, Schneider oder Bäcker. In einer Stadt gibt es IMMER irgendeine Art von Militär, und sei es nur der Torwächer. Wenn die Stadt eine Stadtmauer hat, wird es auf jeden Fall mindestens hundert Soldaten geben, die diese bewachen und bei einer Stadtverteidigung auch aktiv mitkämpfen. Trotzdem sind sie im Vergleich zu den Angreifern viel zu wenige, weswegen sie im Durchschnitt auf einen offenen Kampf verzichten und stattdessen ihren besten Vorteil nutzen: ihre eigene Stadt.
Nur die Bewohner kennen alle ihre Geheimnisse. Man versteckt die Leute, die nicht kämpfen können, an einem geheimen Ort, den die Angreifer nicht kennen (oder im Bergfried oder etwas Ähnlichem). Im Rest der Stadt platziert man Fallen. Und dabei kann man sehr kreativ werden.
Man kann zum Beispiel ein paar Steine über der Kanalisation lockern und sobald die Angreifer darauf treten, fallen sie zusammen mit den Steinen runter. Man kann Rampen bauen, auf denen Steine entlang gerollt und dann von einem Hausdach auf die Angreifer fallen gelassen werden. Man kann die Angreifer von irgendwo her mit Öl überschütten und dann anzünden. Man kann sie in eine Sackgasse locken, den einzigen Ausgang blockieren und sie dann von oben mit Pfeilen beschießen. Lasst eurer Fantasie freien Lauf! Aber denkt daran, dass die Ressourcen so einer Stadt begrenzt sind! Wenn es vorher kein Öl mehr zum Anbraten gab, kann es jetzt nicht auf einmal auftauchen, um feindliche Soldaten damit zu überschütten.
Sicher kennt ihr Archimedes, den griechischen Mathematiker. Er wohnte fast sein ganzes Leben lang in der Stadt Syrakus, die ziemlich regelmäßig von den Römern belagert wurde. Natürlich half Archimedes mit allerlei Erfindungen bei der Verteidigung seiner Stadt. Es gibt sogar folgende Legende: Die Römer hatten schon ziemlich viele bittere Niederlagen wegen Archimedes' Erfindungen einstecken müssen. Als sie dann einmal endlich die Stadt betreten hatten, flohen sie jedoch sofort wieder, weil sie ein herabhängendes Seil hinter dem Stadttor sahen. Sie dachten, es wäre wieder eine seiner Erfindungen, aber es war tatsächlich nur ein einfaches Seil XD Sie hatten wirklich große Angst vor ihm.
SPOILER ZU »RABENSCHATTEN 2 - DER HERR DES TURMES« VON ANTHONY RYAN!!!!!!!!
Die beste Stadtverteidigung, die ich je gelesen habe, ist in diesem Buch. Es ist ein ewiges Hin und Her und man ist sich bis zum Schluss nicht sicher, wer jetzt siegen wird. Jede Seite hat gute Ideen. Zum Beispiel haben die Verteidiger eine Art Wegnetzwerk aus Brettern eingerichtet, mit denen man schnell von einem Dach zum anderen kommt ohne auf den Boden zu müssen.
SPOILER ENDE!!!!!!!!!!!!!!
Es gibt natürlich auch Stadtverteidigungen, die nicht nach einer Belagerung stattfinden. In diesem Fall sagt meistens irgendein Späher der Stadt Bescheid, dass da ein Heer mit Kriegsmaschinen auf sie zukommt, die offensichtlich den Zweck haben, die Stadt einzunehmen. In diesem Fall können die Bewohner nicht nur die Stadt selbst, sondern auch ihr umliegendes Gelände auf den Angriff vorbereiten.
Die leichteste Lösung ist: Gräben graben.
Ja, der Burggraben ist tatsächlich sehr sinnvoll. Eine Stadt kann auch einen Stadtgraben haben, der auch sehr sinnvoll ist. Je breiter und tiefer der Graben, desto besser. Gegen Katapulte hilft er leider nicht viel, weil sie zur Artillerie gehören, aber man möchte die Stadt ja nicht zerstören, sondern EINNEHMEN. Man muss also irgendwie seine Leute entweder durch oder über die Mauer bekommen.
Beides erweist sich als etwas schwer, wenn da ein riesiger Graben ist, sodass der Rammbock das Stadttor nicht berühren kann und die Leitern viel zu kurz sind, weil sie jetzt IN den Gräben aufgestellt werden müssen. Einen Belagerungsturm kann man ebenfalls vergessen. Die einzige Lösung ist es, die Gräben wieder mit irgendwas zuzuschütten. Aber das dauert und außerdem befindet man sich dabei andauernd in Reichweite der Verteidiger (die vielleicht ein paar Pfeile, Steine oder heißes Öl runterwerfen).
An dieser Stelle die Erinnerung: Eine belagerte Stadt hat nur ENDLICHE Ressourcen! Es dauert ziemlich lange, einen vernünftigen Pfeil herzustellen. Steine hat eine Stadt hingegen genug. Wenn die Angreifer nah genug an der Mauer sind, würde man also eher Steine nach ihnen werfen als Pfeile schießen.
Man kann die Angreifer noch weiter behindern, indem man die Erde aus dem Graben vor dem Graben aufschichtet, als eine Art zweite Mauer. Dann sind die feindlichen Soldaten nicht nur offene Zielscheiben, sobald sie über diese zweite Mauer schauen, sondern sie müssen auch aufpassen, sich nicht alle Knochen zu brechen, wenn sie auf den Grund des Grabens wollen. Man könnte meinen, dass das das Zuschütten des Grabens doch leichter macht, aber denkt dran: Die Angreifer sind dann die ganze Zeit in Reichweite der Verteidiger-Bogenschützen!
Gräben sind also schonmal eine gute Idee. Wenn man noch Zeit hat, kann man im Gelände auch noch ein paar weitere Löcher graben. Einfach, um die Angreifer zu ärgern :)
Es gibt einige Filme und Büchern, in denen eine Stadt eingenommen wird, weil die Feinde Tunnel unter der Stadtmauer hindurch gegraben haben und dann auf der anderen Seite wieder rausgekommen sind. Ehrlich gesagt ist das ziemlich unwahrscheinlich. Erstens ist es praktisch unmöglich, dass die Verteidiger nicht sehen, dass gerade ein Tunnel gegraben wird. Ich meine, selbst wenn der Eingang weiter weg ist, muss die rausgeschaufelte Erde ja irgendwo hin und die sieht man dann. Und zweitens müssten die Angreifer dann in der Stadt NACHEINANDER aus dem Tunnel kommen. Die werden dann doch einfach ganz fein NACHEINANDER abgestochen.
Was hingegen geht, ist, ein Loch unter der Mauer zu graben und sie dann mit ein paar Tricks zu Fall zu bringen. Man wird es wahrscheinlich nicht hinbekommen, dass die Mauer mit nur einem Loch in sich zusammenbricht. Aber man kann zum Beispiel etwas Explosives reinwerfen. Dadurch werden die Steine gelockert, falls es Stützbalken gibt, verbrennen die, und die Mauer sinkt hoffentlich ein Stück in sich zusammen. Wenn man das oft genug macht, bricht sie ganz zusammen und der Weg ins Innere der Stadt ist offen.
Weitere Möglichkeiten, um eine Mauer zu überwinden (die ihr wahrscheinlich schon alle kennt), sind natürlich der Rammbock, der Belagerungsturm und die Leitern, mit denen die Angreifer über die Mauern klettern. Denkt daran, dass sowohl der Rammbock als auch der Belagerungsturm ziemlich schwer sind und deswegen von mehreren Leuten geschoben oder von Lasttieren gezogen werden müssen. Diese Leute sind dementsprechend das primäre Ziel der Verteidiger. Wenn sie ausgeschaltet sind, muss man erstmal Ersatz besorgen, damit die Kriegsmaschinen sich wieder bewegen können.
Was immer geht, ist ein Spion oder ein Verräter, der den Angreifern zu einem verabredeten Zeitpunkt einfach das Stadttor öffnet. Der Zeitpunkt muss dann aber sehr gut abgestimmt sein, sonst wird der Spion ja sofort erstochen und das Tor wieder geschlossen.
Wenn die Stadtmauer nun irgendwie durchbrochen oder überwunden wurde, kommt es wieder zu dem Kampf in der Stadt, den ich oben bereits erwähnt habe. Danach gibt es im Grunde nur zwei Enden: Die Angreifer ziehen ab (weil sie zu viele Verluste erlitten haben oder weil eine andere Armee den Verteidigern zu Hilfe kommt) oder die Verteidiger kapitulieren und geben somit ihre Stadt auf. Manchmal gibt es in einer Stadt noch eine Burg mit einem Bergfried, in dem man sich verschanzen kann, aber das ist dann eigentlich wieder nur eine Belagerung auf kleinerem Maßstab und führt letztendlich zu einem der zwei eben genannten Enden.
In Fantasy-Büchern bieten sich natürlich noch viele weitere Arten an, mit denen man eine Stadt erobern kann. Hier ein paar Beispiele:
SPOILER ZU »DER HOBBIT« VON J. R. R. TOLKIEN (aber vor allem die Filme)!!!!!!!!!!!!
Hier wird eine Stadtmauer von einem Troll durchbrochen, der einen riesigen Steinblock auf den Kopf gebunden hatte. Ein lebender Rammbock also. Der Troll war danach natürlich nicht mehr ansprechbar O.o
SPOILER ENDE!!!!!!!
SPOILER ZU »GAME OF THRONES« STAFFEL 8!!!!!!!!!!!!
Hier ist Daenerys mit ihrem Drachen einmal über Königsmund geflogen und hat nicht nur die Stadtmauer, sondern auch gleich ein paar (viele) weitere Gebäude zerstört. Eine Schande, dass wir wahrscheinlich nie das Buch dazu sehen werden :(
SPOILER ENDE!!!!!!!!!
SPOILER ZU »THE BURNING GOD« VON R. F. KUANG!!!!!!!!
Hier gibt es eine kleine Gruppe von Schamanen. Jeder von ihnen hat eine eigene Magie. Einer von ihnen kann riesige und unendlich tiefe Löcher in der Erde erschaffen, die aber immer an seinen Füßen beginnen müssen. Er musste also nur dicht genug an eine Stadtmauer ran, damit sie von seinem Loch verschlungen wird.
SPOILER ENDE!!!!!!!!!!!
SPOILER ZU »RABENKLINGE 2 - DAS SCHWARZE LIED« VON ANTHONY RYAN!!!!!!!!
Hier gibt es eine Art Magier, der von seinen Soldaten so sehr verehrt wird, dass sie alles für ihn tun (sie halten ihn für einen Gott). Also befiehlt er ihnen, einen lebenden Belagerungsturm aus ihren eigenen Körpern vor der Stadtmauer zu errichten. Und das tun sie auch, wobei es ihnen egal ist, wie viele von ihnen sterben. Sie machen einfach weiter.
SPOILER ENDE!!!!!!!!!!
Ich hoffe, ich konnte euch helfen :)
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