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Kapitel 1

In einem winzigen Bruchteil einer Sekunde wusste Corporal Kate Lipinsky, dass die gesamte Mission beim Teufel war.

Sie wusste es noch vor der gewaltigen Explosion, die den Funkturm des feindlichen Lagers in ein Flammenmeer hüllte und die angrenzenden Generatoren buchstäblich zerriss. Sie wusste es noch vor der Kakophonie aus sirrenden Laserstrahlen, die aus dem Lager auf sie und die Mitglieder ihrer Gruppe hagelte und gleichzeitig auch von ihren Leuten auf alle sich bewegenden Schemen im Lager abgefeuert wurden. Sie wusste es, noch bevor die Schreie der verwundeten Feinde an ihre Ohren drangen, welche durch die Explosionen und die tobende Schlacht ohnehin schon arg belastet waren. Sie wusste es, noch bevor sie den panischen Funkspruch vernahm, den der junge Soldat „Sandman" mit letzter Kraft in sein Sprechgerät krächzte, dass er getroffen sei.

Sie wusste es einfach. Weil ihr Instinkt sie genau davor gewarnt hatte – genauer, es ihr auf pessimistische Art und Weise prophezeiht hatte – dass dies passieren würde. Im Stillen verfluchte sie sich, dass sie ihrem Gefühl nicht mehr Vertrauen schenkte.

Dann sprang sie aus ihrer Deckung hervor und rannte los.

Der Krieg empfing sie mit einer Umarmung aus Hitze und Lärm, als sie den Hügel hinab stürmte. Die Energiestrahlen der Waffen blitzten von überall her auf, einem Spinnennetz gleich, das in der Luft über dem Lager hing oder es durchzuckte. Im Laufen riss Kate ihr Raptor-Angriffsgewehr hoch, legte den Finger auf den Abzug und konzentrierte sich auf den roten Punkt in der Mitte ihres Visiers. Mit dem linken Auge nahm sie weiterhin ihre Umgebung wahr und bemerkte sofort die beiden Soldaten, die neben dem zerstörten Tor des kleinen Lagers Stellung bezogen hatten und ihren Angriff zu spät bemerkten. Zwei gezielte Schüsse aus ihrer Raptor, deren grellgelber Energiestoß dem Flammenatem eines Drachen glich, und die beiden Feinde sanken schwer getroffen zu Boden.

Eine weitere Explosion, dieses Mal in ihrer Nähe. Kates Ohren klingelten, die Druckwelle brachte sie für einen Moment fast aus dem Gleichgewicht. Sie taumelte. Dann fing sie sich und rannte weiter durch das völlig zersplitterte Tor.

Fast wünschte sie sich, sie wäre oben auf ihrem Hügel geblieben. Was sie hier unten sah, glich einem Albtraum. Überall loderten helle Flammen. Funken sprühten aus getroffenen und zerstörten Maschinen, die zwischen den Zeltreihen und den Frachtcontainern verteilt waren. Was noch nicht in Mitleidenschaft gezogen war, fiel nun dem heftigen Dauerfeuer der Angreifer und Verteidiger zum Opfer. Doch das war erst der Anfang. Viel schlimmer waren die Toten. Dutzendweise Leichen waren im Lager verteilt, das Blut aus unzähligen Schusswunden sickerte in den staubigen Boden. Es gab unter denen, die es erwischt hatte, sicherlich auch ein paar Verletzte, aber keiner von denen, die Kate sah, würde jetzt noch an den Ereignissen etwas ändern können.

Kate spürte, wie ein bitterer Geschmack sich auf ihre Zunge legte, als sie die Leichen sah. Sie ignorierte ihn, rannte weiter. Es war keine Zeit zum Nachdenken, sie musste handeln. Hinter einem der größeren Zelte am Rand des Lagers bog sie um die Ecke.

Ein grellblauer Laserstrahl zischte haarscharf an ihrer rechten Schulter vorbei. Die jahrelange Erfahrung als Soldatin setzte sofort ein, und sie ließ sich blitzschnell zu Boden fallen. Im Fallen noch suchten ihre Augen nach dem Ziel, und ihre Hände arbeiteten bereits daran, den roten Punkt des Zielvisiers auf die Quelle der neuen Gefahr zu richten. Genau in dem Moment, als sie mit ihrer linken Schulter auf dem Boden aufprallte, löste sich der erste Schuss, und der feindliche Soldat, der noch vorher ein paar Meter entfernt mit erhobener Waffe gekauert hatte, lag am Boden.

Sein Nebenmann allerdings nicht, der ebefalls die Waffe erhoben hatte und auf sie zielte. Sein Finger lag bereits auf dem Abzug, und Kate wusste, dass sie ihn nicht rechtzeitig ausschalten konnte, bevor er den tödlichen Schuss auf sie abgab.

Sie musste es gar nicht. Bevor der Soldat schießen konnte, traf ihn selbst ein gelber Laserstrahl mitten in die Brust. Mit einem überraschten Aufkeuchen sackte er zusammen.

Kate kam einen Augenblick später wieder auf die Beine, als die muskulöse Gestalt ihres „Retters" an ihr vorbei ins Innere des Lagers vordrang. Sie folgte dicht hinter ihm, orientierte sich an dem kurzen Haarschopf, der im Schein der umgebenden Flammen eine gespenstische Farbe angenommen hatte. Sie kamen einige Meter weit, als sie erneut auf Feinde trafen. Ihr Begleiter riss die Waffe nicht hoch – stattdessen feuerte er aus der Hüfte eine ganze Salve auf die Gegner ab. Kate nahm das Gewehr hoch, blickte durch das Visier und brachte den roten Punkt auf den ersten Gegner, den die Salve ihres Begleiters nicht sofort erledigt hatte. Ein Druck auf den Abzug, dann folgte der zweite Gegner direkt dahinter. Das Laserfeuer antwortete ihnen vereinzelt und ungezielt, die blauen Strahlen kamen nicht einmal auf einen halben Meter an sie heran.

Den letzten Feind fegte ein Schuss von einer erhöhten Position von den Füßen. Aus den Augenwinkeln sah Kate die Gestalt, die auf den Überresten eines Wachturms kauerte und gerade die einzige Waffe mit einem Scharfschützen-Visier sinken ließ, die ihr Team mitgebracht hatte. Trotz des Chaos bemerkte ihr Kamerad auf dem Wachturm sie, und er gab ihr ein kleines, aufmunterndes Zeichen. Sie nahm es dankbar zur Kenntnis, aber ihr fehlte einfach die Zeit. Ihr Begleiter war bereits vorausgestürmt, und sie rannte mit äußerster Kraft hinterher. Bald erreichte sie ihn, als er im Lager am Boden kniete – vor sich den einzigen getroffenen Mann liegend, der nicht die Uniform des Feindes trug.

Es war kein Befehl, keine Absprache nötig. Kate hängte sich das Gewehr an einem Tragegurt über die Schulter, während ihr Begleiter nun seine Waffe in Bereitschaft hielt und die Umgebung wachsam im Auge hatte. Mit einer schnellen Bewegung, wieder ein Produkt der jahrelangen Erfahrung an der Front, hatte sie die Sanitäts-Tasche von ihrem Gürtel abgenommen und geöffnet. Doch als sie in das Gesicht des Soldaten „Sandman" blickte, stockte sie.

Vergessen war für diesen kurzen Augenblick die tobende Schlacht, das Feuer und das Chaos. „Sandmans" Augen starrten zu ihr hinauf, von Schmerzen überschattet. Der Rest seines jungen Gesichts war blass, sein Körper völlig kraftlos. Sein Mund war geöffnet, in einem verzweifelten Versuch, etwas zu sagen, aber aus seiner Kehle drang nur ein Röcheln. Kate sah die Wunde, die ihm zugefügt worden war – und ihr wurde trotz des Feuers eiskalt. Mit einem Blick erkannte sie die bittere Wahrheit: Nichts, was sie in dieser Tasche bei sich trug, konnte ihm jetzt noch helfen. Nicht einmal mit hundert dieser Taschen hätte sie ihn noch retten können.

Und während ihr das bewusst wurde, trübte sich „Sandmans" Blick. Seine Augen wurden glasig, ein letztes Röcheln kam aus seiner Kehle. Dann sank sein Kopf zur Seite weg, seine Brust sank in sich zusammen. Es war vorbei.

Kate sah auf und blickte in das Gesicht ihres Begleiters, des Anführers ihrer kleinen Gruppe. Captain Tim Stone, von seinen Untergebenen der „Stone-Eater" genannt, sah ihren Blick und den Ausdruck in ihrem Gesicht. Seine Reaktion darauf war das, was sie am meisten schmerzte. Sie konnte es in seinem Gesicht ablesen, wie nahe es ihm ging, einen seiner eigenen Leute zu verlieren. Dass „Sandman" jung und neu in ihrer Gruppe war, machte es noch schlimmer. Er hätte beschützt werden müssen. Kate wusste genau, wie „Stone-Eater" es empfand: Als Anführer hatte er versagt, seinen eigenen Mann im Stich gelassen – selbst wenn es nicht so war. Er versuchte, seine Gefühle zu verbergen, aber sie konnte es deutlich in seinen Augen sehen.

Die Schlacht in ihrer näheren Umgebung nahm ab. Keiner der Feinde feuerte nur annähernd in ihre Richtung – sie waren mit der Verteidigung ihres Lagers nach außen beschäftigt. Langsam und mit unbewegtem Gesicht stand „Stone-Eater" auf, den Griff seiner Waffe umklammert, dass die Knöchel blass hervortraten. Er blickte sich gründlich prüfend um, dann hob er die Waffe und bewegte sich zielstrebig in eine Richtung, die zum nächsten Tor des Lagers führte. Kate sah erneut auf „Sandmans" leblosen Körper herab, und mit einer sanften Handbewegung schloss sie seine weit geöffneten Augen für ihn. Es war eine Geste, die sie immer verabscheut hatte, aber ihr Respekt für ihren gefallenen Kameraden war größer als diese Abscheu. Dann folgte sie „Stone-Eater" erneut.

Der Widerstand ihrer Feinde erstarb immer mehr. Außerhalb des Lagers blitzte gelbes Laserfeuer aus den Waffen ihres Teams auf, nur manchmal gingen blaue Strahlen in die andere Richtung zurück. „Stone-Eater" marschierte zum Tor, schoss dabei gnadenlos jeden nieder, der sich gegen ihn erhob. Seine Bewegungen waren langsamer, ruhiger als vorher. Fast schien es, als hätte er aufgegeben. Doch nach dem letzten seiner Schüsse war der Weg zum Tor frei, und in einem der wenigen ruhigen Momente seit Beginn der Schlacht drehte er sich zu Kate um.

„Signal an die anderen", befahl er ihr. „Rückzug! Wir machen, dass wir hier wegkommen."

Sofort gehorchte Kate. Ihre Sanitätstasche wieder im Gürtel verstaut, das Gewehr schussbereit in den Händen, ließ sie es an einer Hand sinken und griff nach ihrem Kommunikator – einem kleinen Headset, das in ihrem rechten Ohr steckte. „Hier ist Second. Rückzug! Ich wiederhole: Rückzug!" Der Satz kam ihr nur schwer über die Lippen, und sie fühlte sich wie ausgelaugt. Kaum registrierte sie, wie der Rest des Teams auf ihren Funkspruch reagierte. Sie klangen frustriert, was nicht verwunderlich war, aber sie reagierten mit Gehohrsam.

„Spooner hier: Verstanden, Rückzug."

„Hier Tank: Ziehe mich zurück."

„Jenkins: Bin unterwegs zum Rückzugspunkt."

„Hier Socke: Auf dem Rückzug."

Ein paar Sekunden vergingen, doch die Antwort des letzten Teammitglieds blieb aus. Kate sah sich besorgt um. „Second an Sniper: Colin, bestätige den Rückzugsbefehl!" Doch sie hörte nur statisches Rauschen. „Colin, melde dich!" Keine Antwort.

Mittlerweile hatte sie das Tor erreicht. „Stone-Eater" war hinter ihr stehen geblieben und sah sie düster an. „Na los, weg hier!", sagte er schließlich. „Er wird schon kommen."

Doch Kate zweifelte. Da bekam sie endlich die ersehnte Antwort. „Master hier: Bin schon unterwegs."

Erleichtert atmete sie auf und beschleunigte ihre Schritte aus dem Tor heraus. „In Zukunft will ich eine direkte Antwort, Soldat", gab sie bissig über Funk durch.

„War leider komplizierter", antwortete „Master". „Sieht so aus, als wäre die feindliche Verstärkung gleich hier. Wenn wir länger bleiben, überrennen sie uns."

Er hatte leider Recht. Kate konnte über die Schulter sehen, wie in der Ferne Scheinwerfer von großen Fahrzeugen näher kamen. Ihre Gruppe hatte das Feuer eingestellt, und auch die verbliebenen Feinde schossen nicht mehr. Auch „Stone-Eater" betrachtete das Lager, bevor er sich wieder in Kates Richtung drehte und seinen Weg fortsetzte.

Sie bemerkten es beide nicht. Es gab auch keine Vorwarnung. Es war ein einzelner blauer Laserstrahl, der neben Kate in den Boden einschlug, als sie bergauf in Richtung der bewaldeten Hügel lief. Funkensprühend lösten sich heiße Gesteinsbrocken und rollten den Abhang hinunter. Kate warf sich zu Boden, drehte sich um und hob das Gewehr. Mit dem roten Punkt suchte sie das Ziel – doch es war verschwunden.

„Stone-Eater" bewegte sich nicht mehr. Er starrte geradeaus, an ihr vorbei, mit regungslosem Gesicht. Die Waffe in seiner Hand zitterte, fiel dann zu Boden. Kate sah ihn schreckerfüllt an. Ihr Herz setzte aus, als sie es sah. In ihrem Kopf wurden Stimmen laut, die voller Panik und Entsetzen schrien. Sie sah zu ihrem Anführer hoch, der in diesem Augenblick so gigantisch, fast unbezwingbar wirkte. Es konnte nicht sein. Es konnte einfach nicht sein.

Dann sank er wie in Zeitlupe auf die Knie, und ihre Welt brach für immer auseinander...


„Was wissen Sie über die Unicorn Riders?"

Damals hatte Kate noch eine andere Antwort auf diese Frage parat als in diesem Augenblick vor dem zerstörten Lager. Damals saß sie vor dem großen Schreibtisch des Mannes, der einmal ihr Anführer werden sollte, und blickte ihm tief und unerschrocken in die Augen. Sie hatte viele solcher Gespräche geführt, einige davon erst kürzlich. Sie dachte sorgfältig nach, wählte jedes Wort mit Bedacht, bevor sie schließlich antwortete: „Die Unicorn Riders sind die beste Söldner-Einheit für Spezialeinsätze, bei denen es auf Präzision, Schnelligkeit und genaue Planung ankommt. Sie erledigen ihre Missionen mit maximaler Effizienz und einem Minimum an Blutvergießen."

Captain Tim Stone – nur unter diesem Namen durfte sie ihn ansprechen – lehnte sich mit verschränkten Armen in seinem Sessel zurück und lächelte schmal unter seinem dünnen Schnurrbart. „Das ist genau der Text, den Sie auf jedem schwarzen Brett von Terra bis zu den Zentralius-Planeten lesen können. Ich wüsste jedoch gerne, welche Bedeutung wir für Sie persönlich haben." In seinen Augen blitzte es, und trotz seines jugendlich wirkenden Gesichts kam er Kate deutlich älter und weiser vor, als sie erwartet hatte.

Daher straffte sie sich. „Eine Chance", gab sie prompt zurück. Es war die Antwort, die sie eigentlich nicht geben wollte – die Antwort, die ihr in allen anderen Gesprächen mit Anführern der besten Söldnereinheiten in den meisten bekannten Sternensystemen das Genick gebrochen hatte. Es war die nackte Wahrheit.

Ausdruckslos sah der Kommandant der Unicorn Riders über den Schreibtisch hinweg auf die Soldatin. Ein paar Herzschläge lang herrschte absolute Stille. Ein ungutes Gefühl beschlich Kate, als sie den Blick sah. Wahrscheinlich konnte sie jetzt genauso gut aus dem Stuhl aufstehen und einfach gehen. Doch es überraschte sie selbst, dass sie stattdessen dem starren, abschätzenden Blick von Captain Stone standhielt.

„Warum eine Chance?", brach seine Frage dann endlich die Stille. Der abschätzende Blick wich nicht von ihrem Gesicht.

Es war nicht das erste Mal, dass sie diese Frage von einem Anführer hörte, in dessen Team sie wollte. Aber das erste Mal, dass sie spürte, dass ihr Gegenüber ein ehrliches Interesse an der Antwort hatte. In den meisten anderen Fällen hatten sich die Anführer der Söldnergruppen sich ab diesem Zeitpunkt schon eine Meinung über Kate Lipinsky und ihre Fähigkeiten als Feldsanitäterin gebildet – und sie abgelehnt. In den restlichen Fällen hatte sie jedoch schon verloren, als sie zur Tür hereinkam. Es wunderte sie nicht. Sämtliche Mediziner, mit denen sie zu tun gehabt hatte, bescheinigten ihr eine nur durchschnittliche Kondition und ein Übergewicht von 2 Kilogramm. Und da sie wusste, wie die übrigen Frauen aussahen, die in solche Einheiten aufgenommen wurden – entweder aufgrund ihres muskelbepackten Äußeren, womit sie von den Männern kaum zu unterscheiden waren, oder aufgrund ihrer ausgeprägten weiblichen Reize – hatte sie stets das ungute Gefühl, dass man von diesen zwei überschüssigen Kilo jedes Gramm an ihrem Körper sehen konnte. Nach ihren Fähigkeiten im Kampf fragte bis dahin keiner.

Doch Tim Stone war anders, das konnte sie an seinem Gesicht ablesen, als er sie musterte. Und seine Einheit war anders. Nur deswegen war sie hier. Und sie fühlte, dass er die Wahrheit deutlich besser aufnehmen würde, als sie es bislang erlebt hatte.

Schließlich gab sie die Antwort: „Die Söldnergruppen, mit denen ich bislang gesprochen hatte, haben meist andere Prioritäten. Wenn sie keinen Sanitäter in der Gruppe haben, sind sie auch nicht interessiert. Ihrer Meinung nach bleibt im Kampf keine Zeit, sich um Verwundete zu kümmern. Da ist sich jeder selbst der nächste." Mit grimmigem Gesicht fügte sie hinzu: „Außerdem, wenn nicht die ganze Gruppe von einem Auftrag zurückkommt, ist der Anteil für die Überlebenden natürlich deutlich größer."

„Ja, das Problem kenne ich", gab Stone zurück. „Deswegen gibt es in unserer Mannschaft eine andere Regelung. Der Anteil eines gefallenen Mitglieds wird in ein ordentliches Begräbnis investiert, der Rest geht an die Hinterbliebenen. Sollte es keine geben, wird das Geld zum Wohl der gesamten Gruppe sinnvoll eingesetzt. Aber jeder bekommt seinen festen, abgesprochenen Anteil, und nicht mehr."

„Und das klappt?", fragte Kate skeptisch. „Ich kenne einige Söldner, bei denen würde eine solche Regel ziemlichen Unmut hervorrufen."

Stone grinste zuversichtlich. „Es klappt. Aber eben nur mit ganz bestimmten Leuten. Raffgierige Auftragsmörder, die nur auf Profit aus sind, haben bei den Riders nichts verloren." Kurz ging sein Blick von ihrem Gesicht zu dem Computerschirm, der auf seinem Schreibtisch stand. Zweifellos überprüfte er während des Gesprächs ihre Referenzen. Ein weiterer Punkt, der ihr in bisherigen Gesprächen mit Anführern Schwierigkeiten gemacht hatte. Fast beiläufig, in einem betont neutralen Tonfall, fragte er sie: „Ich schätze, um den Auftragsmörder-Teil muss ich mir bei Ihnen keine Sorgen machen, oder?"

Kate rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. Sie wusste genau, worauf diese Frage abzielte. Dennoch versuchte sie eine Verteidigung: „Ihre Gruppe ist dafür bekannt, dass sie nicht ohne Grund Leute umbringt."

„Ist das der Grund, weshalb Sie sich zur Sanitäterin ausbilden ließen?", fragte Stone dann ganz direkt. „Damit Sie in unbequemen Situationen einen Ausweg haben?"

„Ich halte nichts von sinnlosem Töten", erklärte Kate mit fester Stimme und sah Stone in die Augen. „Andere Söldner glauben, durch das Töten vieler Feinde gewinnen sie Anerkennung und werden wertvoller für ihre Gruppe. Ich halte die Mission für wichtiger als einen hohen Bodycount."

„Das klingt für mich doch etwas pazifistisch", stellte Stone unter einer hochgezogenen Augenbraue fest.

Vielleicht hatte sie sich in ihm doch getäuscht. Denn diese Reaktion hatte Kate von jedem anderen erwartet. „Ich bin keine Pazifistin", sagte sie energisch. „Ich tue, was ich tun muss. Wenn ich jemanden umbringen muss, um die Mission zu vollenden oder einen Kameraden zu retten, dann tue ich das – und zwar ohne zu zögern. Aber nur dann, wenn ich einen guten Grund habe. Es gibt genug waffenstarrende Idioten in dieser Galaxis, die verlernt haben, dass es genug Wege gibt, einen Feind auszuschalten, ohne ihm gleich die Lichter auszublasen."

„Mag sein, aber als Sanitäterin halten Sie sich doch meistens aus den heftigsten Kämpfen raus", mutmaßte Stone. „Oder haben Sie eine andere Philosophie, die Kämpfen und Heilen miteinander vereinbart?"

Kate schüttelte den Kopf. „Ich kämpfe, und ich heile. Wenn es sein muss, beides gleichzeitig. Ein guter Feldsanitäter muss das können."

„Und wo liegt dann Ihr Problem?", fragte Stone lauernd.

Kate spuckte die Antwort förmlich aus, wie aus einer Waffe abgeschossen. „Mein Problem liegt in Söldnergruppen, die sich dafür bezahlen lassen, möglichst viele Menschen oder andere Lebewesen umzubringen. Mein Problem liegt darin, dass die Comm-Kriege so dermaßen eskaliert sind, dass es in den Missionen nur noch darum geht, sich gegenseitig auszulöschen. Und das greift bei allen Söldnern derartig über, dass man nur noch daran gemessen wird, wie viele Leichen schon auf das eigene Konto gehen. Nichts anderes zählt mehr für sie! Und jeder, der einen anderen Standpunkt vertritt, wird als minderwertig angesehen und verstoßen."

Als sie geendet hatte, atmete sie tief durch. Es war nicht ihre Absicht gewesen, sich so heftig zu äußern, aber sie hatte ihren Frust nicht länger zurückhalten können. Doch als sie wieder in Stones Gesicht blickte und das kleine, fast unsichtbare Lächeln sah, hatte sie den Verdacht, dass er vielleicht genau dies beabsichtigt hatte.

„Das meine ich mit Chance", erklärte sie dann nach ein paar weiteren Herzschlägen. „Wenn es stimmt, was ich über die Unicorn Riders gelesen und gehört habe, zählt für Sie die Mission, nicht das Töten. Während andere Gruppen die Lösung für ein Problem darin sehen, das Problem einfach zu beseitigen, gehen Ihre Leute mit Bedacht und guter Planung vor. Und was das angeht, haben Sie einen einzigartigen Ruf."

Stone wandte sich wieder dem Computerschirm zu. Das Lächeln war von seinem Gesicht verschwunden, das Kate von Minute zu Minute sympathischer wurde. Dieses Gespräch war deutlich anders als die anderen Bewerbungen der letzten Zeit. Abgesehen von den kleinen Anfänger-Gruppen, die sich bevorzugt in Bars nach Mitstreitern umsahen und in der Hitze des Gefechts entweder den Mut verloren oder gleich starben, hatte bislang niemand ihr einen vernünftigen Posten anbieten können. Mit ihrer Qualifikation wäre es ja kein Problem gewesen – Ausbildung und Dienst im zentralischen Militär, fünf Jahre lang an den Fronten diverser Konflikte, mehrere Auszeichnungen im Kampf und als Sanitäterin. Es waren andere Gründe, weshalb sie keinen Job bekommen hatte. Es waren aber auch die falschen Gruppen gewesen. Sie erinnerte sich daran, dass die männlichen Anführer zwar kein Interesse an ihren Fähigkeiten gezeigt hatten, aber ihr diverse Einladungen zu intimen Abendessen hatten zukommen lassen. Die wenigen Frauen, die einer Söldnergruppe vorstanden, hatten jedoch die Befürchtung geäußert, dass sie für den Job nicht hart genug war – der Begriff „Feldsanitäter" in ihrer Personalakte war wie ein Warnsignal für sie.

Im Nachhinein betrachtet war Kate froh, dass keine dieser Gruppen sie wirklich wollte. Doch bei Stone und den „Unicorn Riders" war es anders. Diese Gruppe war das, was sie gesucht hatte: eine gute Zusammenstellung fähiger Soldaten, die ebenso Erfüllung darin fanden, Unschuldige zu beschützen und Missionen zu vollenden, wie darin, dafür bezahlt zu werden. Und gerade, wenn sie ihren Anführer ansah, den großen, athletischen Captain Tim Stone, dessen Ruf als Anführer makellos bis hin zur epischen Übertreibung war – sie würde es wirklich hassen, wenn er sie ebenfalls ablehnen würde. Und das Gefühl war neu für sie.

Als sie nach gefühlt einer Minute kein weiteres Wort von ihm gehört hatte, sprach sie wieder: „Captain Stone, ich glaube an das, was Ihre Gruppe macht. Und ich glaube, ich kann einen wichtigen Teil dazu beitragen, wenn Sie mir diese Chance geben."

Ruckartig und ohne ein weiteres Wort stand Stone von seinem Stuhl auf und ging zur Tür. Kate sah ihm von ihrem Stuhl aus verwundert und ein wenig erschrocken nach. Erst, als er die Hand auf das Kontrollfeld neben der Tür gelegt hatte und diese mit einem Summen in die Wand zurückgefahren war, drehte er sich zu ihr um. Sein Grinsen zog sich über das ganze Gesicht.

„Miss Lipinsky, ich glaube, Sie haben Recht."

Damit drehte er sich um und ging aus dem Raum. Kate blieb völlig perplex zurück. Bevor sich die Tür wieder schloss, rief sie hinterher: „Heißt das, ich habe den Job?"


Neeeeeeeeeeiiiiiiin!!!"

Ohne nachzudenken, ohne überhaupt zu realisieren, in welche Gefahr sie sich damit brachte, drehte Kate um und stürmte die Anhöhe hinunter, auf ihren getroffenen Anführer zu. Ihr Lasergewehr landete polternd neben ihm auf dem Boden, als sie die Sanitäts-Tasche vom Gürtel riss und sich die Schusswunde besah. Sofort drückte sie etwas auf die Wunde, um die Blutung zu stillen, und wühlte mit einer Hand in der Tasche nach einem Schmerzmittel.

Stone schrie nicht. Er keuchte nicht auf, er stöhnte nicht, er gab mit kaum einem Laut zu verstehen, welche Schmerzen er hatte. Seine Augen blickten zu ihr auf, traurig und verloren. Blut strömte aus dem Einschussloch über seinen Kampfanzug. Der Energiestrahl war glatt durch seinen Körper durchgegangen. Kates innere Stimme flüsterte, dass es für den „Stone-Eater" ebenso wenig eine Chance zum Überleben gab wie für „Sandman", doch Kate ignorierte die Stimme dieses Mal. Sie jagte eine Spritze in „Stone-Eaters" Körper, und er entspannte sich ein wenig. Sein Atem kam mit einem Stoß aus der Lunge, an dem Kate erkennen konnte, dass er sich bis zu diesem Moment enorm zurückgehalten hatte. Das Schmerzmittel zeigte sofort seine Wirkung, aber es würde nur für ein paar Minuten anhalten. In der Zwischenzeit arbeitete sie fieberhaft daran, seine Wunde zu verarzten.

Bis er sie plötzlich am Handgelenk packte. „Nein, hör auf!", flüsterte er ermattet. „Das wird nichts mehr."

„Sag sowas bloß nicht!", fauchte Kate, und sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. „Du kommst wieder auf die Beine."

„Stone-Eater" schüttelte langsam den Kopf. „Dieses Mal nicht, Sani. Es ist vorbei. Hebe dir den Kram für die anderen auf. Ihr werdet es brauchen."

„Dich brauchen wir, du Hornochse!", schrie Kate verzweifelt. „Du bist unser Anführer. Verdammt nochmal, wir brauchen dich, also halte durch!"

Er ließ ihr Handgelenk los, legte seine Hand dafür auf ihre, die immer noch den Verband auf die Wunde presste. Sie spürte, wie seine Finger immer kälter wurden, und die Tränen kamen noch stärker. Er legte den Kopf zur Seite, sah Kates Gewehr neben sich auf dem Boden liegen. Als er sie wieder ansah, brachte er trotz der Verletzung noch ein kleines Lächeln zustande. „Ich habe es immer gesagt: Du bist doch eine Pazifistin."

„Und du nicht", entgegnete Kate, dabei ein Schluchzen unterdrückend. „Also kämpfe! Bleib bei mir, damit ich dir das Gegenteil beweisen kann!"

„Sowas darf nur ein Anführer zu mir sagen", erklärte „Stone-Eater" mit ersterbender Stimme. Plötzlich war sein Gesichtsausdruck todernst. So ernst hatte sie ihn noch nie gesehen. „Du darfst es jetzt."

Kate hatte eine schnelle Auffassungsgabe. Sie hatte sie schon immer gehabt. Aber diese Auffassungsgabe ließ sie jetzt im Stich. „Was redest du da?", fragte sie völlig verwirrt.

Eine Schmerzwelle fuhr durch „Stone-Eaters" Körper – er verkrampfte kurz, und seine Finger auf Kates Hand packten unkontrolliert zu. Er versuchte dieses Mal nicht, es vor ihr zu verbergen. „Ich habe es dir nie gesagt", stöhnte er unter zusammengebissenen Zähnen. „Aber du bist nicht nur die beste Feldsanitäterin, die ich kenne. Du bist auch die einzige Person in diesem Universum, der ich das Leben meiner Leute anvertrauen könnte. Sie sind gute Leute, Kate. Sie bedeuten mir alles."

Langsam bahnte sich die Ahnung dessen, was er meinte, einen Weg in ihr Gehirn. Doch noch war die Gewissheit nicht angekommen. „Was willst du damit sagen?", fragte sie angstvoll.

„Ich will, dass du sie nach Hause bringst, Pazifistin", sagte „Stone-Eater", und dieses eine Mal konnte Kate sehen, wie sich eine einzelne Träne aus seinem Augenwinkel löste und die Wange herabrollte. „Die Unicorn Riders gehören jetzt dir."

„Nein!" Kate schüttelte den Kopf, doch Stone griff ihre Hand fester – dieses Mal mit Absicht.

„Bitte!", flehte er tonlos. „Für mich!"

Sie wollte es nicht einsehen. Sie wollte nicht aufgeben. Doch es war ihnen beiden klar, dass sie hier nichts mehr tun konnte. Mit Aufbietung all ihrer Kraft nickte sie schließlich. „Stone-Eaters" Kopf sank in Erleichterun zurück. Wieder fuhr eine Schmerzwelle durch seinen Körper, stärker als die letzte. Das Schmerzmittel ließ nach.

„Ich habe es dir auch nie gesagt", flüsterte Kate ihm schluchzend zu, und die Tränen rannen ihr über das Gesicht. Ihre Lippen formten tonlos die nächsten Worte, doch „Stone-Eater" verstand jedes davon. Sein Blick hellte sich für einen kurzen Moment auf – ein Lächeln, das nicht ehrlicher sein konnte. Es war nicht auf seinen Lippen, sondern im Glanz seiner Augen erkennbar. Er nahm ihr Gesicht mit einem einzigen langen Blick auf, bevor er die Augen schloss und sein Atem endgültig verstummte.

Kate wusste nicht, wie lange sie noch neben „Stone-Eaters" Leiche kniete und ihren Tränen freien Lauf ließ. Irgendwann wurde sie plötzlich an der Schulter gepackt und auf die Beine gezerrt. In ihrer Trauer war es ihr fast egal, ob es sich dabei um einen Feind handelte, der sie töten wollte. Ihr war es egal nach dem Verlust, den sie nun erlitten hatte.

Doch als ihr Blick wieder klar wurde, da sah sie das Gesicht von Colin Meck, Kampfname „Master" vor sich. „Wir müssen weg hier", brüllte er ihr ins Gesicht. „Der Feind rückt an."

Kate wollte sich zu „Stone-Eater" umdrehen, doch „Master" hielt sie fest. „Du kannst nichts mehr für ihn tun", rief er erneut. „Na los, Zeit zu gehen!" Er hob ihr Gewehr auf und reichte es ihr. Und da begriff sie, was sie zu tun hatte. Zum Trauern war jetzt keine Zeit. Colin hatte völlig Recht – sie mussten hier weg.

Mit der freien Hand griff sie ihre Sanitäts-Tasche, und gemeinsam mit dem Scharfschützen machte sie sich auf den Weg, die Anhöhe hinauf. Den Drang, einen letzten Blick auf ihren Anführer zu werfen, der tot am Eingang zum feindlichen Lager lag, unterdrückte sie. Aber es fiel ihr nicht leicht.

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